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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.10.2006
Aktenzeichen: 15 W 141/06
Rechtsgebiete: VBVG
Vorschriften:
VBVG § 5 |
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
15 W 141/06 OLG Hamm
In der Betreuungssache
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 09. Oktober 2006 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5) vom 25. April 2006 gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 31. März 2006
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) und 4) für das Verfahren dritter Instanz zu erstatten.
Der Gegenstandswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 1.188,00 Euro festgesetzt; er beträgt in Ansehung des Kostenerstattungsanspruches der Beteiligten zu 3) und 4) je 594,00 Euro.
Gründe:
I.
Für die Betroffene, die nach wie vor in ihrer eigenen Wohnung lebt, wurde zunächst durch einstweilige Anordnung vom 17.7.2002 der Beteiligte zu 3) für den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten zum vorläufigen Berufsbetreuer bestellt. Zugleich wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens bestätigte das Vormundschaftsgericht die einstweilige Anordnung durch Beschluss vom 2.9.2002 in der Hauptsache und bestimmte den Aufgabenkreis wie folgt: Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Geltendmachung von Ansprüchen auf Leistungen aus der Pflegeversicherung und alle Vermögensangelegenheiten bis auf Firmenfortführung. Für die Vermögensangelegenheiten blieb ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Durch gesonderten Beschluss vom 5.9.2002 wurde der Beteiligte zu 4) als weiterer Berufsbetreuer bestellt, zunächst für den Aufgabenkreis der "Firmenfortführung und ggfs. - auflösung". Später wurde dieser Aufgabenkreis durch Beschluss vom 19.1.2004 noch um die Erbschaftsangelegenheiten erweitert.
Durch Beschluss vom 3.2.2006 entließ das Vormundschaftsgericht die Beteiligten zu 3) und 4) - letzteren auch auf eigenen Antrag - als Betreuer, legte die Aufgabenkreise teilweise neu fest und bestellte den Beteiligten zu 2) zum neuen Berufsbetreuer. Dabei ordnete es die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an.
Mit Anträgen vom 6.10.2005 und 9.1.2006 bzw. 26.10.2005 und 1.6.2006 haben der Beteiligte zu 3) und der Beteiligte zu 4) die Festsetzung ihrer Vergütungsansprüche als Berufsbetreuer gegen die Betroffene beantragt. Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 5) als Verfahrenspflegerin bestellt. Durch Beschluss vom 2.3.2006 hat das Amtsgericht die Vergütung der Beteiligten zu 3) und 4) auf jeweils 1.188,00 € festgesetzt und die Entnahme aus dem Vermögen der Betroffenen genehmigt.
Hiergegen hat die Beteiligte zu 5) mit Schriftsatz vom 14.3.2006 sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, dass bei der Aufteilung der Aufgabenkreise auf zwei Berufsbetreuer nicht jedem der Betreuer die volle Pauschale nach § 5 VBVG zugebilligt werden dürfe.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 20.3.2006 die Beteiligte zu 5) auch für das Beschwerdeverfahren zur Verfahrenspflegerin bestellt. Mit Beschluss vom 31.3.2006 hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und zugleich die weitere Beschwerde zugelassen, welche die Beteiligte zu 5) mit Anwaltsschriftsatz vom 25.4.2006 eingelegt hat.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht nach §§ 56g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beteiligte zu 5) kann als Verfahrenspflegerin im Interesse der Betroffenen unabhängig von dieser Rechtsmittel einlegen (Senat, BtPrax 2006, 190; Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 20 Rn. 21 m.w.N.). Aus der Bestellung im Erstbeschwerdeverfahren folgt nach § 67 Abs. 2 FGG auch die Berechtigung zur Einlegung der weiteren Beschwerde. Die Beschwerdebefugnis ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass ihre zugunsten der Betroffenen eingelegte Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
Der Senat legt das mit der sofortigen weiteren Beschwerde verfolgte Rechtsschutzbegehren der Beteiligten zu 5) dahin gehend aus, dass die weitere Beschwerde in zulässiger Weise auf die Frage beschränkt worden ist, ob beiden vormaligen Betreuern - den Beteiligten zu 3) und 4) - jeweils der volle pauschale Stundenansatz nach § 5 VBVG zusteht. Dies entspricht auch dem Umfang der Zulassung des Rechtsmittels durch das Landgericht. Die weitere Beschwerde kann auf einen selbständigen, abtrennbaren Teil des Festsetzungsverfahrens beschränkt werden (BGHZ 48, 134; OLG Schleswig, BtPrax 2001, 259; Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 56g Rn. 40). Ein abtrennbarer Teil eines Verfahrensgegenstandes ist gegeben, wenn ein Teil der angefochtenen Entscheidung in dem Sinne gesondert behandelt werden kann, dass er weder denkgesetzlich noch rechtlich untrennbar mit anderen Teilen der Entscheidung zusammen hängt (vgl. BayObLGZ 1995, 366; OLG Schleswig a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier im Hinblick auf den Stundenansatz gegeben. Darüber kann unabhängig davon entschieden werden, welcher Stundensatz den Beteiligten zu 3) und 4) zu vergüten ist. Wenn der Stundenansatz abweichend von der Entscheidung des Landgerichts festgesetzt würde, hätte dies nur Auswirkungen auf die festzusetzende Gesamtvergütung. Im Hinblick auf diese stellt die Differenz zwischen der vom Landgericht zuerkannten Vergütung für den von ihm zugrunde gelegten Stundenansatz und einer bei Aufteilung des Stundenansatzes auf beide vormaligen Betreuer, wie es von der Beteiligten zu 5) für zutreffend erachtet wird, jeweils geringer ausfallenden Vergütung lediglich einen abtrennbaren Teil des Verfahrensgegenstandes dar.
Gegenstand der Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist daher nur die Frage, ob der Stundenansatz von 4,5 Stunden je Monat für beide ehemaligen Betreuer vom Landgericht rechtsfehlerfrei der Berechnung der zuzubilligenden Vergütung zugrunde gelegt worden ist.
Das hierauf beschränkte Rechtsmittel ist unbegründet, weil die Entscheidung des mit einer zulässigen Erstbeschwerde befassten Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand ist aufgrund der Neuregelung durch das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (2. BtÄndG) zum 1.7.2005 nach einem pauschalierten Stundenansatz zu bestimmen (§ 5 VBVG). Dieser beträgt nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift für einen nicht mittellosen Betreuten, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Heim hat, ab dem zweiten Jahr der Betreuung 4,5 Stunden im Monat.
Zu Recht hat das Landgericht sowohl dem Beteiligten zu 3) als auch dem Beteiligten zu 4) den vollen Stundenansatz zugebilligt.
Einer der in § 6 VBVG geregelten Ausnahmefälle - § 1899 Abs. 2 BGB: Bestellung eines besonderen Betreuers für die Entscheidung über die Einwilligung in eine Sterilisation; § 1899 Abs. 4 BGB: Bestellung eines weiteren Betreuers im Falle der rechtlichen Verhinderung des Hauptbetreuers - liegt hier ersichtlich nicht vor. Vielmehr sind die Beteiligten zu 3) und 4) i.S. des §1899 Abs. 1 BGB nebeneinander als Berufsbetreuer für je gesonderte Aufgabenkreise bestellt worden, die sie unabhängig voneinander wahrzunehmen hatten. In einem solchen Fall steht jedem der Berufsbetreuer der volle Stundenansatz zu (so auch Jurgeleit/Maier, Betreuungsrecht, § 6 VBVG, Rn. 16; HK-BUR/Deinert, § 5 VBVG, Rn. 30; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 6 VBVG, Rn. 1; Fröschle, Betreuungsrecht 2005, Rn. 725 f.; i.E. auch Bienwald, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 1899 BGB, Rn. 16).
Nach dem Wortlaut des Gesetzes lassen sich über die in § 6 VBVG geregelten Tatbestände keine weiteren Ausnahmen von der in § 5 VBVG getroffenen Regelung entnehmen. Die Gesetzgebungsmaterialien belegen, dass die Problematik im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt und bewusst von einer Sonderregelung abgesehen worden ist. In der Begründung zum Entwurf des Bundesrates zu § 1908m BGB-E wird hierzu ausgeführt (BT-Drs. 15/2494, S. 34 f.):
"Um den mit der Pauschalierung verfolgten Zweck der Vereinfachung und Streitvermeidung nicht zu vereiteln, müssen Ausnahmen von dem vorgeschlagenen Pauschalierungsmodell soweit wie möglich begrenzt werden. [...]
Mehrere Betreuer gemäß § 1899 Abs. 1 BGB:
Für die Betreuer handelt es sich jeweils um eine eigenständige Betreuung (mit einem ggfs. beschränkten Aufgabenkreis). Da das Pauschalierungssystem nicht nach Aufgabenkreisen differenziert, ist insoweit keine Ausnahme vom System geboten."
Die in § 1908m Abs. 1 BGB-E vorgesehene Regelung ist sinngemäß in § 6 VBVG übernommen worden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 15/4874, S. 32), so dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen für die Gesetz gewordene Fassung nicht gelten könnten.
In die gleiche Richtung weist auch der systematische Zusammenhang mit § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB. Nach dieser durch das 2. BtÄndG eingeführten Vorschrift werden mehrere Betreuer, die eine Vergütung erhalten - außer in den gesetzlich genannten Fällen - nicht bestellt. Sinn und Zweck der Norm ist es jedoch gerade, zusätzliche Kosten für mehrere Berufsbetreuer zu vermeiden, die dadurch entstehen würden, dass bei der Berechnung der Vergütung nach § 5 VBVG unabhängig vom Umfang des Aufgabenkreises ein pauschaler Stundenansatz angesetzt wird (vgl. OLG München, FGPrax 2006, 434). Das sagt die Begründung zum Gesetzesentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 15/2494, S. 29) zwar nicht ausdrücklich. Es erschließt sich aber aus der Hervorhebung der "Vergütung" im Gesetzeswortlaut. Würde nämlich die Pauschale im Falle einer Mitbetreuung nach § 1899 Abs. 1 BGB auf beide Berufsbetreuer aufgeteilt, so entstünden keine Mehrkosten, so dass eine Rechtfertigung für die Regelung letztlich nicht ersichtlich wäre.
Waren - wie hier - zwei Berufsbetreuer bereits vor dem 1.7.2005 bestellt, so bleibt deren Rechtsstellung allerdings durch § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB zunächst unberührt. Es liegt lediglich ein wichtiger Grund für die Entlassung eines der beiden vor (vgl. OLG München, BtPrax 2006, 34; FGPrax 2006, 434).
Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 S. 2 FGG. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) und 4) waren der Betroffenen und nicht der Beteiligten zu 5) aufzuerlegen, da diese als Verfahrenspflegerin die weitere Beschwerde als gesetzliche Vertreterin der Betroffenen eingelegt hat (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 224; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 13a FGG, Rn.15).
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Bei der gesonderten Festsetzung eines Gegenstandswertes in Ansehung der angeordneten Kostenerstattung nach § 13a Abs. 1 S. 2 KostO hat der Senat berücksichtigt, dass das wertmäßige Interesse der Beteiligten zu 3) und 4) sich nicht auf den vollen Vergütungsbetrag von 1.188,00 €, sondern auf einen Bruchteil desselben erstreckt, da die sofortige weitere Beschwerde eine Aufteilung des Stundenansatzes auf beide vormaligen Betreuer zum Ziele hatte. Diesen Anteil bewertet der Senat mit jeweils 50 % des Gesamtbetrages.
Ende der Entscheidung
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